Wo die schönsten Frauen nördlich von Havanna feiern

Br.-Vilsen - Von Andree Wächter. Alle Karussells drehen sich, alle Buden sind geöffnet! Fleckenbürgermeister Peter Schmitz eröffnete gestern um 15.25 Uhr das Volksfest Brokser Heiratsmarkt mit drei Böllerschüssen. Gemeindedirektor Bernd Bormann ernannte am Denkmal auf dem Marktplatz Bruchhausen-Vilsen Willi Lemke (Sonderberater des UN-Generalsekretärs für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden) zum Heiratsvermittler h.c. „Willi, der Erste“.
Als bekennender HSV-Fan stattete Bormann Werders Ex-Manager Willi Lemke mit den Insignien des Heiratsvermittlers aus: Zylinder, weiße Handschuhe, Schal sowie Kette. Daran befinden sich Plaketten mit den Namen der zahlreichen Vorgänger von Lemke. Zu finden sind dort Namen wie Gerhard Schröder oder Christian Wulff. Der eine (Schröder) wurde nach dem Markt zum Bundeskanzler gewählt, der andere war kurzzeitig Bundespräsident. Nicht übermittelt ist, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Amt des Heiratsvermittlers und der späteren Laufbahn gibt. Man darf also gespannt sein, welchen Job Lemke als nächstes annimmt.
Bevor Bormann Lemke die Kette umhing, sagte er: „Eine kleine Geste für den Gemeindedirektor – eine große für den HSV-Fan.“ Die Rivalität der beiden Fußballclubs und -fans zog sich wie ein roter Faden durch die Eröffnung. Willi Lemke sagte in seiner neuen Funktion als Heiratsvermittler: „Es ist mein Traumjob. Und Bremer sind tolerant, HSV-Fans sind auch Menschen.“ Nach dem ersten Schlagabtausch übernahm Peter Schmitz wieder das Mikrofon. Er sagte zu Lemke: „Du bist im Werderland. Bäume und Blätter, alles in Grün gehalten.“
Der Fleckenbürgermeister verwies auf die Anziehungskraft des Volksfests. „Ende August kommen die erwachsenen Kinder heim und beziehen die Gästezimmer bei ihren Eltern.“ Dann gab er das Zeichen, und die traditionellen Böllerschüsse ertönten. Die Besucher zählten mit: „Eins, zwei und drei.“ Im Anschluss ertönte Musik aus den Lautsprechern der Fahrgeschäfte und die ersten Fahrten starteten.
Nach der offiziellen Eröffnung am Denkmal zog der Tross von Prominenz, Lokalpolitikern und weiteren geladenen Gästen ins Remmer-Zelt. Dort erfolgte der Fassanstich. Mit zwei Schlägen rammte Willi Lemke den Bierhahn ins Fass mit dem Heiratsbräu. Während sich die Gäste im Zelt am ersten Bier und an Bretzeln labten, ergriff Lemke das Mikrofon. Vorher wechselte er noch seine Krawatte. Die grüne wurde durch eine rote ersetzt. „Das ist nichts Politisches. Es ist ein Zeichen für die Liebe“, sagte das ehemalige Bremer Bürgerschaftsmitglied. In seiner Rede wünschte sich der UN-Sonderberater, auch einmal als Standesbeamter tätig zu werden. Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Lemke nahm eine Spaßtrauung vor. Auf der Bühne heirateten Franca Bornfelder und Timo Heuer. Bis zum Marktende sind sie nun Mann und Frau.
Die Gäste im Remmer-Zelt erfuhren von Lemke, dass der Brokser Markt einen kleinen Bruder hat: den Bremer Freimarkt. In Bruchhausen-Vilsen sind „die schönsten Frauen nördlich von Havanna und die knackigsten Männer nördlich von Hannover anzutreffen – lasst es krachen“, forderte Lemke.
Während seine Vorgänger in den vergangenen Jahren die aktuelle politische Lage außen vor gelassen hatten, appellierte Lemke an die Gäste: „Die Diskussion um Fremdenfeindlichkeit finde ich erbärmlich.“ Dafür gab es Applaus. „Wir sollten stolz darauf sein, in einem Land zu leben, in dem es fließend Wasser gibt. Für viele Menschen, die ich kennengelernt habe, bleibt dies ein unerfüllter Traum“, sagte Willi Lemke. Als Sonderberater des UN-Generalsekretärs reise er viel und könne solche Aussagen einschätzen.
Noch bis Dienstag läuft der Brokser Heiratsmarkt, eines der größten Volksfeste in Norddeutschland.